Das Rote Liste Zentrum

Rote Liste - Was ist das?

Häufig hört man im Zusammenhang mit dem Rückgang von Arten von der "Roten Liste" der IUCN (International Union for Conservation of Nature). Aber was ist eigentlich diese "Rote Liste"? Welche Gefährdungskategorien gibt es und was bedeutet es für eine Art als "gefährdet (VU)" oder "bedroht (EN)" gelistet zu sein? Diese und viele weitere Fragen werden im "Rote Liste Zentrum" des Zoo Schwerin beantwortet. Von "nicht beurteilt (NE)" bis "in der Natur ausgestorben (EW)", jede Kategorie der Roten Liste wird anhand einer gezeigten Tierart erklärt.

Das Rote Liste Zentrum wurde aus Mitteln der "Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE)" durch das Land Mecklenburg-Vorpommern und der EU gefördert. Wir bedanken uns dafür.

Von mächtigen Katzen bis kleinen Schnecken

Im Jahr 2021 wurde der neue Themenkomplex gleich hinter dem Eingang des Zoos fertig gestellt. Neben großzügigen Anlagen für ein Rudel Asiatischer Löwen (Panthera leo persica) und einer Gruppe Rothschildgiraffen (Giraffa camelopardalis rothschildi) findet man im Haus auch Vögel und Terrarien. Ganz schlicht gehalten lebt in einem dieser Terrarien eine zoologische Rarität: die Moorea Baumschnecke (Partula tohiveana). Als einer von zwei Zoos zeigt der Zoo Schwerin diese in der Natur bereits ausgerottete Baumschneckenart in Deutschland. Die Moorea Baumschnecke ist sehr empfindlich, weswegen eine nahezu sterile Haltung notwendig ist. Diese genügt den Ansprüchen der Tiere und garantiert eine große Anzahl an Nachkommen für eine Auswilderung.

So schön anzusehen, auch noch für die nächsten Generationen?

Was für ein herrliches Tier! Das denken sich viele, wenn nicht alle Besucher. Dabei wird häufig vergessen, dass die wildlebenden Artgenossen um das Überleben ihrer Art kämpfen. Verlust von Lebensraum, direkte Bejagung oder Klimaveränderungen sind allzu häufig die Ursache. Wie hoch das Risiko des Aussterbens für die im Zoo Schwerin gezeigten Tierarten ist, sehen Sie hier:

Bewohner Bedrohungsstatus Zuchtprogramme
Asiatischer Löwe stark gefährdet (EN) EEP
Blauhalsstrauß nicht gefährdet (LC)  
Himmelblauer Zwergtaggecko vom Aussterben bedroht (CR) EEP
Kirk Dik-Dik nicht gefährdet (LC) ESB
Moorea Baumschnecke in der Natur ausgestorben (EW) EEP
Rothaubenturako nicht gefährdet (LC) ESB
Rothschildgiraffe gefährdet (VU) EEP
Sudanesischer Büffelkäfer nicht beurteilt (NE)  
Variabler Baumsteiger ungenügende Datengrundlage (DD)  
Weiße Baumschnecke gefährdet (VU) EEP

Einzigartig

Das Schweriner Rote Liste Zentrum ist in seiner Form einzigartig.

 

Kooperation

Das Zentrum ist eine gelebte Kooperation zwischen IUCN und dem Zoo.

Asiatischer Löwe

Steckbrief

wiss. Name
Panthera leo persica
Größe
219 - 350 cm
Gewicht
122 bis 272 kg
Art
Katze
Anzahl
4 in Schwerin / 350 in der Natur

Der Asiatische Löwe ist eine Löwenunterart, deren Verbreitungsgebiet vor rund 2000 Jahren von Portugal bis Bangladesch reichte. Der Asiatische Löwe sieht dem afrikanischen Löwen recht ähnlich, ist aber etwas kleiner. Auch die Rudelgröße ist kleiner als beim afrikanischen Vertreter. Der Lebensraum des Asiatischen Löwen umfasst sowohl Laubwälder als auch trockenere Gebiete wie Savannen oder Dornwälder.

Auf einer Anlage mit über 3.000m² lebt unser Löwenrudel bestehend aus dem Kater Shapur und den drei Schwestern Heidi, Indi und Rubi.

Artenschutz

Heute kommen diese Löwen nur noch im Gir-Nationalpark, im indischen Bundesstaat Gujarat, vor. 1913 waren die Asiatischen Löwen nahezu ausgerottet. Der Herrscher von Gujarat, stellte die letzten 20 Tiere im Gir-Wald unter Schutz. Heute liegt der Bestand bei geschätzten 350 Tieren, was für das relativ kleine Schutzgebiet eine massive Überpopulation bedeutet. Die Löwen sind daher auch außerhalb des Reservates anzutreffen, wo es häufig zu Mensch-Tier Konflikten kommt. Auf der Roten Liste gilt er als "gefährdet (EN)".

Blauhalsstrauß

Steckbrief

wiss. Name
Struthio camelus australis
Größe
2 bis 2,5 m hoch
Gewicht
90 - 130 kg
Art
Vogel
Anzahl
3 in Schwerin / über 10.000 wild

Der im südlichen Afrika vorkommende Blauhalsstrauß ist eine Unterart des Afrikanischen Straußes und ist zusammen mit den anderen Unterarten der größte noch lebende Vogel der Erde. Typisch für diese Unterart ist der blaugraue Hals. Bei Straußen sind die Hähne schwarz gefärbt, die Hennen dagegen unauffällig grau.

Im Zoo Schwerin lebt ein Hahn (Lord, geb. 2005) mit zwei Hennen (Lucy & Lilly, geb. 2006). Die drei produzieren regelmäßig Gelege mit bis zu 16 Eiern, die die Strauße selbst ausbrüten. Keinem anderen Zoo im Norden Deutschlands gelang bisher eine solche Naturbrut. Hauptverantwortlich für das Ausbrüten der Eier ist übrigens der Hahn.

Artenschutz

Der Afrikanische Strauß ist nicht vom Aussterben bedroht, dennoch ist er lokal stark gefährdet und wird immer weiter durch menschliche Siedlungen und Viehhaltung verdrängt. Der Arabische Strauß, eine weitere Unterart, wurde dagegen so stark bejagt, dass er im Jahr 1966 ausgestorben ist.

Himmelblauer Zwergtaggecko

Himmelblauer Zwergtaggecko Pärchen

Steckbrief

wiss. Name
Lygodactylus williamsi
Größe
bis 10 cm
Gewicht
bis 5 g
Art
Geckos
Anzahl
2 in Schwerin / 150.000 wild

Bei Himmelblauen Zwergtaggeckos sind die Männchen strahlend blau gefärbt, die Weibchen hingegen braun bis oliv. Sie leben in einem kleinen Reservat in Tansania und bewohnen dort paarweise oder in kleinen Gruppen aus einem Männchen und mehreren Weibchen bestimmte Schraubenbaumarten.

Bei uns lebt ein Pärchen des Himmelblauen Zwergtaggeckos in einem Terrarium im Rote Liste Zentrum. Wir beteiligen uns am EEP.

Artenschutz

Durch die Abholzung der Schraubenbaumwälder sowie Einschleppung invasiver Pflanzenarten, die die Schraubenbäume verdrängen, ist der Lebensraum auf ein kleines Reservat geschrumpft. Daneben hat die starke Absammlung für den Heimtiermarkt die Bestandszahlen reduziert. Die IUCN listet die Art als "vom Aussterben bedroht (CR)".

Kirk-Dikdik

Kirk-Dikdik

Steckbrief

wiss. Name
Madoqua kirkii
Größe
40 cm
Gewicht
5,5 kg
Art
Hornträger
Anzahl
4 in Schwerin / 971.000 in der Natur

Kirk-Dikdiks zählen zu den kleinsten Antilopen der Welt. Die Nase ist verlängert und hilft dem Tier bei der Regulation der Körpertemperatur. Eine Drüse am Auge produziert ein zähflüssiges Sekret mit dem Dikdiks ihr Revier markieren.

Im Zoo Schwerin lebt eine Gruppe aus vier männlichen Tieren. Zurzeit sind sie im Duckergehege im Rote Liste Zentrum untergebracht.

Artenschutz

Kirk-Dikdiks kommen noch in großen Stückzahlen vor und die Bestände sind in fast allen Verbreitungsgebieten stabil. Daher wird die Art in der Roten Liste der IUCN als "nicht gefährdet (LC)" geführt.

Moorea Baumschnecke

Moorea Baumschnecke

Steckbrief

wiss. Name
Partula tohiveana
Größe
3 cm
Gewicht
1,9 g
Art
Schnecken
Anzahl
500 in Schwerin / 0 wild

Moorea Baumschnecken sind nachtaktive Schnecken und kamen auf der Insel Moorea und Französisch-Polynesien vor.

Im Zoo Schwerin lebt eine kleine Gruppe im Roten Liste Zentrum in der Schau. Der Großteil der Tiere lebt hinter den Kulissen in Zuchtterrarien. Die Tiere reagieren sehr empfindlich auf unsere Umweltkeime und müssen daher fast nahezu steril gehalten werden.

Artenschutz

Mehrere Faktoren haben zu einer Ausrottung dieser Schneckenart in der Natur geführt. Neben dem Absammeln durch Menschen um die Gehäuse zu Schmuck zu verarbeiten wurde eine räuberische Schneckenart, die andere Schnecken frisst, im Verbreitungsgebiet ausgesetzt. Durch die langsame Reproduktionsrate (nur ein Jungtier alle drei Monate) konnte die Population diesem Druck nicht standhalten. Die Art wird in der Roten Liste der IUCN als "in der Natur Ausgestorben (EW)" geführt.

Rothaubenturako

Rothaubenturako

Steckbrief

wiss. Name
Tauraco erythrolophus
Größe
40 cm
Gewicht
210 bis 345 g
Art
Turakos
Anzahl
2 in Schwerin / unbekannt wild

Der Rothaubenturako lebt meist in den Baumkronen und kommt nur selten auf den Boden. Das Nest des Rothaubenturakos ist napfförmig und wird gewöhnlich im dichten Geäst angelegt. Das Gelege besteht meist aus zwei weißen Eiern, die fast kugelförmig sind. Die Brutdauer beträgt knapp drei Wochen und wird von beiden Elternvögeln übernommen. Diese übernehmen auch gemeinsam die Versorgung der Nestlinge mit Futter.

Bei uns lebt derzeit ein Pärchen, Trudi und Theo, in einer Gemeinschaftshaltung mit Kirk Dik-Diks im Rote Liste Zentrum.

Artenschutz

Die Bestandsgröße ist zwar nicht bekannt, aber da der Rothaubenturako eine weite Verbreitung hat und lokal recht häufig werden kann, wird er aufgrund einer Beurteilung aus dem Jahr 2016 als "nicht gefährdet (LC)"angesehen. Jedoch nimmt die Populationsgröße kontinuierlich ab.

Rothschildgiraffe

Steckbrief

wiss. Name
Giraffa camelopardalis rothschildi
Größe
4,5 - 6 Meter hoch
Gewicht
ca. 830 - 1600 kg
Art
Giraffenartige
Anzahl
3 in Schwerin / unter 2.500 in der Natur

Giraffen sind die höchsten Tiere der Welt. Mit ihren bis zu 6 m Höhe reichen sie mit dem Hals bis in die Baumkronen um dort Blätter zu fressen. Dort sind sie ungestört von Zebras und Antilopen, welche sich lediglich über niedrige Büsche und Gras hermachen können.

Bei uns leben zurzeit die drei Giraffen Madiba, Daisy und Kahlua. Alle drei Tiere wurden 2019 geboren und sind daher noch nicht voll ausgewachsen. Madiba kommt aus dem Opel Zoo und die beiden Kühe stammen aus dem Safaripark Knuthenborg.

Artenschutz

Nach heutigem Wissensstand werden Giraffen in sechs Unterarten unterteilt. Im Zoo Schwerin werden Rothschildgiraffen gehalten, die natürlicherweise in Ostafrika vorkommen. Rothschildgiraffen werden als „stark gefährdet (EN)“ eingestuft, da es nur noch weniger als 2.500 Tiere in der Natur gibt. Der Zoo Schwerin beteiligt sich mit der Zucht am EEP für Giraffen und unterstützt die GFC in ihren Artenschutzbemühungen.

Weiße Baumschnecke

Weiße Baumschnecke

Steckbrief

wiss. Name
Partula hyalina
Größe
2,3 cm
Gewicht
-
Art
Schnecken
Anzahl
180 in Schwerin / Natur unbekannt

Weiße Baumschnecken sind nachtaktive Schnecken und kommen auf der Insel Cook Island und Französisch-Polynesien vor.

Im Zoo Schwerin lebt eine Zuchtgruppe im Rote Liste Zentrum hinter den Kulissen. Die Tiere reagieren sehr empfindlich auf unsere Umweltkeime und müssen daher fast nahezu steril gehalten werden.

Artenschutz

Mehrere Faktoren bedrohen die Population dieser Schneckenart. Neben dem Absammeln durch Menschen um die Gehäuse zu Schmuck zu verarbeiten wurde ihr Lebensraum zerstört. Des weiteren wurde eine räuberische Schneckenart, die andere Schnecken frisst, im Verbreitungsgebiet ausgesetzt. Zwar scheint die Weiße Baumschnecke damit besser klar zu kommen als die Moorea Baumschnecke, aber dennoch sind Ihre Bestände in Gebieten mit der räuberischen Schnecke geringer als in freien Gebieten. Die Art wird in der Roten Liste der IUCN als "gefährdet (VU)" geführt.